Abschied von Mevlüde Genç in Solingen
Veröffentlicht: Dienstag, 01.11.2022 18:44
Rund 1.000 Menschen haben am Dienstag bei einem Trauergebet an der Unteren Wernerstraße Abschied von der verstorbenen Mevlüde Genç genommen.

Mevlüde Genç war in der Nacht von Samstag auf Sonntag im Alter von 79 Jahren gestorben. Sie hatte bei dem rechtsextremen Brandanschlag im Mai 1993 zwei Töchter, zwei Enkelinnen und eine Nichte verloren. Trotzdem hatte sie nach der mörderischen Tat zur Versöhnung aufgerufen.
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), die Ministerinnen Mona Neubaur und Josefine Paul (beide Grüne), weitere Spitzenvertreter der Bundes- und Landespolitik und der türkische Botschafter waren am Dienstag in die Untere Wernerstraße nach Solingen gekommen, wo der Sarg der Bundesverdienstkreuzträgerin aufgebahrt wurde, flankiert von einer deutschen und einer türkischen Fahne. Genç habe "etwas Unvorstellbares geschafft", sagte Wüst. Sie habe trotz des entsetzlichen Verlusts "die Hand gereicht für Frieden und Versöhnung. Sie hat dem Hass Liebe entgegengesetzt."
Sie sei "eine große Frau, der wir so vieles zu verdanken haben", sagte Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach. "Uns allen ist eine Mutter gestorben, die uns in den Arm genommen hat." Anschließend sprach der Imam der Solinger Ditib-Gemeinde das Totengebet.
In den vergangenen Tagen hatten auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz Mevlüde Genç bereits gewürdigt.
Unmittelbar im Anschluss an die Trauerzeremonie wurde der Sarg nach Köln gefahren und von dort in die Türkei überführt. Dort wird Mevlüde Genç in ihrem Geburtsort Mercimek ihre letzte Ruhestätte finden.
Am 29. Mai 1993 hatten Rechtsextreme das Haus der Familie in Solingen in Brand gesetzt. Das Ehepaar Genç verlor zwei Töchter, zwei Enkelinnen und eine Nichte. 17 Familienmitglieder überlebten zum Teil schwer verletzt.
Die Brandruine war später abgerissen worden. An ihrer Stelle wachsen inzwischen drei Kastanien. Schon kurz nach dem Attentat hatte Mevlüde Genç zur Versöhnung aufgerufen und immer wieder gemahnt, dass dem Hass Einhalt geboten werden müsse.