Die Antworten der Remscheider Die Linke auf unseren Fragebogen
Veröffentlicht: Mittwoch, 20.08.2025 12:53

1. Wie stehen Sie zum geplanten Outlet-Center in Lennep und wie sehen Ihre Pläne dazu aus?
Antwort: Das geplante Outlet-Center ist das beste Beispiel für die falsche Prioritätensetzung in Verwaltung und Politik. Es blockiert seit weit über 10 Jahren die Entwicklung Lenneps und hat bereits Unsummen an Ressourcen verschlungen. Und obwohl die Umsetzung des Projekts noch in weiter Ferne liegt und immer neue Probleme auftauchen, hält die Stadt krampfhaft an dem Vorhaben fest.
Dabei gibt es viele gute Gründe gegen das Vorhaben. Neben ökologischen Problemen, wie die großflächige Fällung von alten Bäumen und weiterer Flächenversieglung, vereitelt das Projekt vor allem Chancen auf eine vernünftige Stadtentwicklung, die die Bedürfnisse der Lenneperinnen und Lenneper in den Blick nimmt! Einer der größten Probleme Remscheids ist der Flächenmangel. Unsere Stadt ist recht klein. Es fehlt an Platz für Schulen, Kitas, Wohnraum, Sport, Natur, Landwirtschaft und Gewerbe. In Lennep besitzt die Stadt eine riesige, wertvolle und zentrumsnahe Fläche, die sie völlig unter Wert an einen milliardenschweren Investor für ein Einkaufszentrum verkauft. Gerade einmal 15 Millionen Euro soll sie für die Flächen kriegen. Ungefähr die Hälfte von dem, was eine moderne Turnhalle kostet. Dafür werden eine funktionierende Turnhalle und Schule sowie ein genau hundert Jahre altes Stadion abgerissen. Gleichzeitig versucht die Stadt verzweifelt für viel Geld Grundstücke im Grünen zu kaufen, um dort Wohn- und Gewerbeflächen zu entwickeln.
Das Versprechen mit einem der angeblich modernsten und grünsten Einkaufzentren Kaufkraft nach Remscheid zu locken, hat auch schon deutliche erste Risse bekommen. Das Projekt kann nicht wie dargestellt durchgeführt werden.
Das größte Problem aber bleibt die drohende infrastrukturelle Überlastung Lenneps. Der Stadtteil kann die angestrebten Besucherzahlen nicht aufnehmen. Schon jetzt staut sich in der Rushhour der Verkehr in und um den Stadtteil auf problematische Art und Weise. Eine Lösung finden die Verantwortlichen nicht. Das Verkehrsgutachten ist nach 1 ½ Jahren immer noch nicht fertig - trotz Wechsel des Gutachters. Dies deutet auf weitreichende Probleme hin. Derweil hängen andere wichtige Planungen an dem Gutachten, wie beispielsweise die Entwicklung der Kölner Straße oder die schrittweise Umsetzung des Stadtteilentwicklungsplans.
2. Was wollen Sie tun, um die Remscheider Wirtschaft zu stärken und Arbeitsplätze in Remscheid zu halten bzw. zu schaffen?
Antwort: Remscheid ist eine traditionsreiche Industriestadt und Zentrum sogenannter Hidden Champions – und das soll auch so bleiben! Wir können zwar nicht die globale Konjunktur beeinflussen, aber wir können die strukturellen Rahmenbedingungen für Unternehmen in Remscheid maßgeblich verbessern, um Arbeitsplätze vor Ort zu halten und neue zu schaffen. Wir müssen beispielsweise die Planungs- und Genehmigungsprozesse beschleunigen. Die durchschnittliche Bearbeitung einer Beantragung zur Errichtung (Neubau), Änderung (Anbau, Umbau), Nutzungsänderung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage im Gewerbereich im Bauamt, dauert viel zu lange.
Wir müssen auch die (digitale) Infrastruktur verbessern - dazu gehören beispielsweise auch ein fließender Verkehr und ein funktionierender ÖPNV.
Wir brauchen auch ein attraktives Umfeld für Arbeitnehmer:innen, d.h. bezahlbarer Wohnraum, ausreichend KiTas, gute Schulen und Freizeit und Naherholungsmöglichkeiten. Wir müssen gute Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten bereitstellen. Das betrifft auch Sprach- und Integrationskurse. Remscheider Unternehmen suchen aktiv im Ausland nach Fachkräften, während viele hier lebende Migrant:innen nicht arbeiten dürfen und/oder keine Sprach- oder Weiterbildungskurse finden oder – obwohl sie in Arbeit oder Ausbildung sind – abgeschoben werden. Das ist absurd.
Dem Flächenbedarf der Unternehmen müssen wir als Stadt mit konsequentem Recycling von Brachflächen und Leerständen sowie Nachverdichtungen entgegentreten – nicht mit der Ausweisung von neuen Gewerbegebieten im Grünen! Hier müssen wir die Endlichkeit unserer Stadtgrenzen anerkennen. Wir haben aber mindestens 16 Ha Leerstand im Industrie- und Gewerbebereich, diesen können wir nutzen! Die Unternehmen werden uns treu bleiben, wenn wir ein attraktives Umfeld für sie schaffen und ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Daher muss auch die städtische Wirtschaftsförderung gestärkt werden.
Darüber hinaus sehen wir in weniger Flächenintensiven Branchen großes Wachstumspotenzial, welches gefördert werden sollte, wie z.B. im Tourismus, bei Start-Ups, der Gastronomie oder dem Einzelhandel! Dazu müssen wir unsere einzigartige Natur, unsere historischen Stadtzentren und die reichhaltigen kultur- und Freizeitangebote erhalten und ausbauen.
3. Was wollen Sie konkret tun, um die Lage an Kitas und Schulen in Remscheid zu verbessern?
Es läuft viel schief in der Remscheider Kita- und Schullandschaft - marode Gebäude, akute Raumnot, verschmutze Toiletten, Schimmelbefall und mangelnde Barrierefreiheit sind Probleme, die über Jahre verschleppt worden. Dabei mangelt es nicht an Geld. Seit Jahren stehen Millionen von Euro für die Schulen im Haushalt, doch sie werden kaum oder ineffizient eingesetzt. Das liegt auch daran, dass dutzende Stellen im Gebäudemanagement nicht ausgeschrieben worden und gleichzeitig die Schulentwicklungs- und Maßnahmenplanung über Jahre hinweg auf veralteten Prognosen beruhte. Nun müssen teure und kurzfristige Übergangslösungen, wie Containermodule organisiert werden und Kapazitäten für Renovierungen und Neubauten fehlen. Da wird auch eine Schulbaugesellschaft keine langfristige Abhilfe schaffen. Wir als Linke sind eher der Meinung, dass eine Kommune ihre ureigenen Aufgaben selbst wahrnehmen sollte und kann und dafür die benötigten Mittel und Personal zur bereitstellen muss. Dann können auch Schulneu- und -umbauten zuverlässig erledigt werden.
Darüber hinaus fordern wir auch die Einrichtung einer städtischen Stelle, die für die kontinuierliche Fortschreibung (mindestens jährlich) der Schulentwicklungsplanung zuständig ist. Schulentwicklungsplanung muss ein dynamischer Prozess sein und regelmäßig an demografische, pädagogische und migrationsbedingte Entwicklungen angepasst werden, um Problemen frühzeitig entgegnen zu können.
In der Zukunft braucht es eine bessere Planung und Weitsicht, sowohl in der gesamtstädtischen Betrachtung als auch bei den einzelnen Standorten. Dafür braucht es eine größere Transparenz und bessere Kommunikation zwischen den einzelnen Fachabteilungen aber auch insbesondere zwischen Verwaltung, Schulbaugesellschaft, Politik, Schulen und Eltern.
Für kleinere Reparatur- und Sanierungsarbeiten ist eine Bündelung von Zuständigkeiten in einem Team im Gebäudemanagement sinnvoll. Eine Art Tasc-Force. Dazu eine digitales Meldemanagement für die Schulen mit klarer Prioritätensetzung. Möglich wäre auch die Vergabe von Handwerker-Rahmenverträgen (Maler, Sanitär usw.) über mehrere Jahre. Das würde Vergabeprozesse entschlacken, da nicht jeder Auftrag einzeln ausgeschrieben werden muss, sondern die Verwaltung eine Auftragsabrufbestellung an einen Rahmenvertragspartner sendet.
Ein weiteres Problemfeld ist die Digitalisierung. Einige Schulen haben uns mitgeteilt, dass ihre von der Stadt gestellten digitalen Endgeräte noch immer unbenutzt in den Schränken stehen. Die Schulen brauchen bessere Unterstützung im IT-Bereich. Es kann nicht sein, dass Lehrer:innen in ihrer Freizeit diese Aufgaben übernehmen müssen.
Wir brauchen ein IT Konzept Schulen: inklusive Infrastruktur, Sicherheit, Wartung; Dafür müssen wir sogenannte digitale Hausmeister:innen einstellen, die für Wartung, IT-Betreuung und Unterstützung von Lehrkräften im technischen Bereich zuständig sind!
Auch wichtig ist das Thema Erwachsenen- und Familienbildung. Dazu müssen wir die VHS stärken und etwa über Quartiersmanager:innen und Begegnungsstätten (interkulturelle) Bildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Eltern, auch abseits klassischer Schulfächer, sowie Sprachförderungen und Fördermöglichkeiten für Kinder (Nachhilfe) schaffen.
Auch im Bereich der frühkindlichen Bildung fehlt es an allen Ecken und Enden. Mehr als 800 Kita-Plätze fehlen aktuell (Stand 01. August 2025), um den Bedarf der Familien in unserer Stadt gerecht zu werden. Dieser Mangel ist nicht nur eine Belastung für Eltern, die zwischen Beruf und Familie jonglieren müssen, sondern auch für die Kinder, denen eine frühzeitige Förderung und soziale Teilhabe verwehrt bleibt. Als Linke haben wir uns in den vergangenen Jahren daher konsequent für den Ausbau von Kita-Plätzen in Remscheid eingesetzt und kreative Ansätze, wie etwa eine übergangsweise Ausweitung der Kindertagespflege ins Gespräch gebracht.
Außerdem fordern wir die Abschaffung der KiTa-Gebühren, denn Bildung darf nicht vom Einkommen der Eltern abhängig sein.
4. Was sind Ihre Pläne, um in Remscheid mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen?
Remscheid galt lange Zeit als Ort mit günstigem Wohnraum! Doch diese Zeiten sind vorbei. Viele Menschen in Remscheid finden keine bezahlbare Wohnung mehr. Das gilt insbesondere für kleinere Single-Wohnungen und größere Wohnungen für Familien mit mehreren Kindern.
Hinzu kommt: In den nächsten Jahren läuft die Sozialbindung für tausende Wohnungen in Remscheid aus. D.h. hier werden die Mieten kräftig ansteigen. Denn neue Sozialwohnungen entstehen kaum noch. Gleichzeitig stehen paradoxerweise knapp 4000 Wohnungen leer, die nicht am Markt verfügbar sind! Dies ist auch der erste Ansatzpunkt. Wir müssen den Leerstand als Strategische Ressource begreifen und helfen diesen wieder an den Markt zu bringen. Dazu brauchen wir ein Leerstandkataster und müssen bei den Eigentümer:innen buchstäblich die Klinken putzen. Wir müssen sie beraten und bei der Akquirierung von Fördermitteln zur Renovierung ihrer Häuser helfen. Viele Eigentümer wollen vermieten, können aber aus verschiedensten Gründen (Alter, finanzielle Situation usw.) nicht und brauchen Hilfe dabei. Gleichzeitig muss die Stadt Eigentümer:innen aber auch fordern und eine Zweckentfremdungssatzung einführen, bei der Leerstand ab einem gewissen Zeitraum genehmigt werden muss! Forderungen, die wir als Linke schon vor Jahren formuliert haben!
Zudem muss die Stadt selbst wieder als Akteur auf dem Wohnungsmarkt tätig werden und den sozialen Wohnungsbau fördern. Dazu muss sie Häuser, Wohnungen und Grundstücke aufkaufen und an die GEWAG übergeben. Die Gelder dafür sollen beispielsweise aus den Töpfen zu Errichtung von Gewerbegebieten kommen. Damit können insbesondere langjährige Schrottimmobilien erworben und dem Wohnungsmarkt zugefügt werden! Das sorgt auch für ein attraktiveres Umfeld und macht private Investitionen attraktiver.
Doch nicht nur der Mangel an bezahlbaren Wohnraum ist in Remscheid ein Problem. In den letzten Jahren fielen vor allem große Wohnungsbaukonzerne mit großen qualitativen Mängeln an ihrem Wohnungsbestand und unfairen Umgang mit ihren Mieter:innen auf!
Hier muss die Stadt stärker eingreifen und Mieterinnen und Mieter durch Beratungen unterstützen!
Gleichzeitig muss die Bauaufsicht häufiger bei eklatanten Mängeln einschreiten. In den letzten Jahren wurden Eigentümer:innen und Investoren zu sehr hofiert! Bestes Beispiel dafür ist die Bauruine des ehemaligen Möbelhauses am Lenneper Bahnhof.
5. Wie wollen Sie den Verkehr in Remscheid zukunftsfähig machen?
Wir müssen den Modal-Split ausgeglichener gestalten. Die Anmeldezahlen von PKW sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Kein Wunder: Die S7 fällt ständig aus, die RE47 fährt seit langem schon nicht mehr. Das liegt zwar nicht in der Verantwortung der Stadt, doch auch beim Busverkehr hakts. Erst vor Kurzem sind die Stadtwerke wieder zum normalen Fahrplan umgestiegen. Wir müssen die Personaldecke bei den Busfahrerinnen und Busfahrern konsequent weiter stärken, um einen zuverlässigen ÖPNV gewährleisten zu können und später die Optionen haben die Taktung auszubauen. Dann werden die Menschen auch wieder Vertrauen fassen und vermehrt den Bus nutzen. Dazu müssen aber auch qualitative Verbesserungen her. Mehr Platz, Klimatisierung, Barrierefreiheit und saubere Haltestellen mit funktionierenden digitalen Fahranzeigen. Außerdem muss der Busverkehr Vorrang haben. Das gelingt durch großzügige Beschleunigungsstreifen mit sogenannten Umweltspuren. Außerdem wollen wir die Nachtverbindungen erhalten und die Erreichbarkeit der Außenbezirke gewährleisten.
Gleichzeitig müssen wir aber auch Fußwege sicherer gestalten! Durch E-Bikes fahren immer mehr Menschen in Remscheid Fahrrad, was zuweilen lebensgefährlich ist. Wir brauchen daher mehr und gut ausgebaute Radwege – abgetrennt von der Auto-Fahrbahn. Das wird nicht an allen Stellen gelingen, aber insbesondere auf den Hauptverkehrsachsen besteht Verbesserungspotenzial. Außerdem erfreuen wir uns über eine einzigartige Trassenkultur, die wir unbedingt ausbauen müssen.
Doch auch zu Fußgehende sind hier oft nicht sicher. 2024 sind 3 Fußgängerinnen und Fußgänger von Autos getötet worden! 6 wurden schwerverletzt. Das sind alarmierende Zahlen, die nicht ignoriert werden dürfen. Besonders Kinder und ältere Menschen sind gefährdet.
Auch die Diskussionen über die Raser- und Poser-Szene sind erneut aufgeflammt. In diesem Bereich besteht weiterhin dringender Handlungsbedarf! Hier muss die Kommune alle verkehrsrechtlichen und -technischen Möglichkeiten ausschöpfen, um die Bürgerinnen und Bürger zu schützen.
Die Linke hat in der vergangenen Wahlperiode dutzende Vorschläge zur Verbesserung der Verkehrssicherheit von Radfahrenden und zu Fuß Gehenden und gegen Raserei eingebracht, darunter mehr und bessere Fußgängerüberwege, Tempo-30-Strecken oder Straßensperrungen für Elterntaxis. Diesen Weg wollen wir weitergehen. Außerdem brauchen wir eine konsequente Finanzierung und Umsetzung der Maßnahmen zur Schulwegsicherheit und der Maßnahmen aus den sogenannten Fußverkehrchecks. Wir brauchen auch mehr Abstellmöglichkeiten für Fahrräder und konsequente Entsorgung von Fahrradleichen. Insbesondere sichere Fahrradboxen, wie am Lenneper Bahnhof, sollen häufiger installiert werden!
Zudem wollen wir die Lenneper Altstadt endlich Autofrei (Anliegerfrei) machen!
Gleichzeitig ist uns aber auch bewusst, dass viele Bürgerinnen und Bürger weiterhin auf ihr Auto angewiesen sind. Für sie brauchen wir ein besseres und moderneres Verkehrsnetz! Denn Autofahren in Remscheid ist besonders für Berufspendlerinnen und -pendler meist ein Nervenfaktor. Dabei sind schlechte Straßen, Stau und nicht nachvollziehbare Ampelschaltungen oftmals vermeidbare Ärgernisse. Daher fordern wir bessere KI-Gesteuerte Ampeln und den Vorzug von Kreisverkehren gegenüber Ampeln sowie den Ausbau von öffentlichen Car-Sharing-Angeboten und Förderung von Fahrgemeinschaften – auch innerhalb der Verwaltung!
6. Was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal im Vergleich zu den Mitbewerbern?
Ich glaube, dass ich generell einen anderen Zugang zur und andere Vorstellung von Politik habe. Mein Weg in die Politik wurde nicht von einer Karrierevorstellung bestimmt, sondern vom ehrlichen Wunsch nach positiver Veränderung und Gerechtigkeit. Ich möchte die Entwicklung Remscheids offen und transparent mitbeeinflussen und nicht in politischen Hinterzimmern. Ich denke, ich agiere insgesamt weitsichtiger, bin kreativer und offener für neue Ideen zur Problemlösung. Außerdem habe ich den Mut, auch unbequeme Wahrheiten auszusprechen und scheue mich nicht vor Konfrontationen, bin gleichzeitig aber auch immer offen für Dialoge und konstruktive Zusammenarbeit, ohne mich und meine politischen Vorstellungen zu verbiegen.
Dabei möchte ich aber klarstellen, dass ich meine Kolleginnen und Kollegen aus dem demokratischen Spektrum trotz aller Unterscheide durchaus schätze!