«Ein Inferno» - Deutsche bekämpfen Mega-Brände in Spanien
Veröffentlicht: Mittwoch, 20.08.2025 14:28

Feuerdrama im Urlaubsland
Jarilla (dpa) - Im Kampf gegen die schlimmsten Wald- und Vegetationsbrände seit Jahrzehnten wird Spanien nun auch von Deutschen unterstützt. 67 Einsatzkräfte aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen griffen nach dreitägiger Anfahrt und einer kurzen Erholungsnacht ins Geschehen ein. Und zwar in Jarilla in der Region Extremadura im Westen des Landes, wo eines der größten der vielen Feuer wütet, die Spanien seit zwei Wochen in Atem halten.
Es ist ein Einsatz, der es in sich hat: Regionalmedien wie die Digitalzeitung «Extremadura 7Días» bezeichneten die Lage als «verheerendes Inferno». 15.000 Hektar brannten in Jarilla bereits ab. Die Luft ist voller Rauch, es ist sehr heiß und staubig, permanent sind Löschflugzeuge zu sehen und zu hören.
Ohne Ortskenntnisse sei es «sehr schwer», betont Simon Friz im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. «Man kommt an, hat wenig Zeit, sich vorzubereiten und muss sehr schnell in den Einsatz gehen», erklärt der Teamleiter des sogenannten EU-Waldbrandmoduls Deutschland. Daher müsse man zunächst viel erkunden. Weitere Herausforderungen seien die Vegetation und die Topographie. «Es sind sehr steile Hänge, das geht hier bis auf 1.600 Meter Höhe hoch.» Es sei schwierig, an die Brandfläche heranzukommen.
22 größere Feuer in Spanien gleichzeitig aktiv
In dem beliebten Urlaubsland brennt es nicht nur in Jarilla. Es gebe aktuell insgesamt 22 größere aktive Feuer, teilte die Ministerin für Ökologischen Wandel, Sara Aagesen, im Interview des staatlichen Radiosenders RNE mit. Betroffen seien im Nordwesten neben Extremadura auch die Regionen Kastilien und León, Galicien und Asturien, aber auch Valencia im Osten des Landes.
Auch Teile des Jakobsweg gesperrt
Aufgrund der Feuer mussten bereits mehr als 33.000 Menschen ihre Häuser verlassen. Der Agrarverband COAG schätzt die direkten Schäden für Land- und Viehwirtschaft auf mindestens 600 Millionen Euro. Die Feuer zogen auch Teile von Naturschutzgebieten wie die Südhänge des Gebirges Picos de Europa in Mitleidenschaft. Acht Landstraßen, Teile des Jakobsweges und einige Zugstrecken waren am Mittwoch noch gesperrt. Es gab bereits vier Todesopfer. Dutzende wurden wegen Brandstiftung festgenommen.
Regierungschef verspricht schnelle Hilfe beim Wiederaufbau
Kurz vor der Ankunft der Deutschen mit 23 Fahrzeugen hatte Regierungschef Pedro Sánchez Jarilla besucht. Dort kündigte er an, seine Regierung werde die am stärksten betroffenen Gebiete zu Notstandszonen erklären, um schnelle staatliche Hilfe für den Wiederaufbau zur Verfügung stellen zu können.
Eines der Probleme in Jarilla (und auch anderswo) ist, «dass der Wind sich regelmäßig dreht, was die Brandbekämpfung kompliziert macht, weil man sich nicht darauf einstellen kann, dass das Feuer an einem Platz bleibt», erklärt Frank Frenser, Pressesprecher der Feuerwehr Bonn, der auch in Spanien im Einsatz ist, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Man werde deshalb einen Bereich absichern, in dem es bereits gebrannt hat, und darauf achten, dass keine Glutnester zurückbleiben und keine neuen Brände entstehen.
Neben Deutschland schickten auch Frankreich, Italien und Finnland Helfer und Löschflugzeuge. Die Niederlande, Tschechien und die Slowakei unterstützen mit Löschhubschraubern. Die Hilfe ist dringend nötig: Nach Schätzungen des Europäischen Waldbrandinformationssystems EFFIS wurden seit Jahresbeginn über 3.900 Quadratkilometer Natur zerstört - eine Fläche, die etwa eineinhalbmal größer als das Saarland ist. Es handelt sich um die größte Zerstörung in Spanien seit Beginn der EFFIS-Erfassungen im Jahr 2006. Auch im Nachbarland Portugal brennt es vielerorts und seit vielen Tagen, vor allem im Zentrum des Landes. Dort wurde am Mittwoch das dritte Todesopfer gemeldet.
Was steckt hinter der extremen Brandwelle?
Doch was ist der Grund dieser Mega-Brände? Viele spanische Experten führen sie in erster Linie auf die massive Zunahme von Wald- und Buschland im Zuge der Landflucht zurück. Derzeit brennen in der Tat vor allem dünn besiedelte, schwer zugängliche Gebiete, oft ungenutzte Wälder, in denen sich große Mengen brennbaren Materials ansammeln. «Es brennt das vernachlässigte Spanien, über das niemand spricht», titelte die Zeitung «El Periódico».
Thomas Hickler, Professor für Quantitative Biogeographie am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum in Frankfurt, verweist dagegen auf zunehmende Hitze und Dürre, die «ganz eindeutig der Hauptgrund für die Rekordbrände in Spanien dieses Jahr» seien. «Die Verbuschung nach Nutzungsaufgabe spielt auch eine Rolle, aber die Wetterextreme sind viel wichtiger, und die Wahrscheinlichkeit von extremer Hitze und Dürre nimmt durch den Klimawandel eindeutig zu», sagte Hickler der Deutschen Presse-Agentur.
Temperaturen sinken nach Hitzewelle - Hoffnung auf Regen
In einem Punkt sind sich aber die meisten einig: Die Brände sind extrem schnell, unberechenbar und selbstverstärkend. Eine neue klimabedingte Normalität, die die bisherigen Lösch-Strategien überfordert.
Die spanische Verteidigungsministerin Margarita Robles sagte: «Es gibt Gebiete, in denen das Feuer unter keinen Umständen durch menschliche Mittel kontrolliert werden kann. Nur die Witterung wird eine Kontrolle ermöglichen.» Etwas Hoffnung macht, dass die Temperaturen nach Ende einer ungewöhnlich langen, 16-tägigen Hitzewelle seit Dienstag fast im gesamten Land sinken. Auch in Jarilla. Das erleichtert die Löscharbeiten. Man hofft auch auf Regen. Der ist in den nächsten Tagen am Einsatzort der Deutschen jedoch vorerst nicht in Sicht.




