Einigung in Brüssel: EU verhängt neue Russland-Sanktionen
Veröffentlicht: Freitag, 18.07.2025 09:36

Unterstützung für die Ukraine
Brüssel (dpa) - Die EU verhängt wegen des anhaltenden russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine neue Sanktionen. Vertreter der Mitgliedstaaten verständigten sich in Brüssel nach wochenlanger Blockade durch die Slowakei auf die Verabschiedung des mittlerweile 18. Pakets mit Strafmaßnahmen, wie die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas mitteilte.
Es soll insbesondere die russischen Einkünfte aus dem Export von Öl in Drittstaaten weiter reduzieren und den russischen Finanzsektor treffen. Zudem ist vorgesehen, durch Sanktionen eine denkbare Wiederinbetriebnahme der Gaspipeline Nord Stream 1 und eine Nutzung der Pipeline Nord Stream 2 auszuschließen.
Drei der insgesamt vier Röhren von Russland nach Deutschland wurden zwar bei einem Anschlag im September 2022 zerstört. Im Fall einer Reparatur könnten die durch die Ostsee verlaufenden Pipelines Russland aber Milliardengewinne durch den Verkauf von Gas ermöglichen.
Die EU-Außenbeauftragte Kallas bezeichnete das neue Sanktionspaket als eines der stärksten bislang. «Wir werden den Druck weiter erhöhen, so dass ein Ende der Aggression für Moskau zur einzig verbleibenden Option wird», schrieb sie in sozialen Netzwerken.
Veto der Slowakei verzögerte Sanktionspaket
Die Einigung auf das Sanktionspaket hatte eigentlich bereits direkt nach dem Juni-Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs erfolgen sollen. Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico verhinderte dies allerdings mit einer Vetodrohung.
Ermöglicht wurde die Einigung nun durch Zugeständnisse. So bekam die Slowakei zugesichert, dass sie keine schwerwiegenden wirtschaftlichen und finanziellen Konsequenzen fürchten muss, wenn nach dem neuen Sanktionspaket auch noch ein Plan für einen kompletten Importstopp von russischem Gas umgesetzt wird. Diesen Plan kann Fico nicht blockieren, weil er im Gegensatz zu dem Sanktionspaket auch per Mehrheitsentscheidung gegen den Willen der Slowakei entschieden werden kann.
Ölpreisdeckel wird dynamisch angepasst
Zudem hatten zuletzt auch noch Malta, Griechenland und Zypern Bedenken gegen Maßnahmen, die die russischen Einkünfte aus dem Export von Rohöl in Drittstaaten reduzieren sollen. Die Länder befürchteten ungerecht große Nachteile für heimische Schifffahrtsunternehmen, wenn der sogenannte Ölpreisdeckel zu stark gesenkt wird. Als Kompromiss wurde nun vereinbart, die Preisobergrenze regelmäßig anzupassen, so dass sie langfristig nicht mehr als 15 Prozent unter dem durchschnittlichen Marktpreis liegt. In einem ersten Schritt soll sie von derzeit 60 auf 47,60 US-Dollar pro Barrel (159-Liter-Fass) reduziert werden.
Ursprünglich war geplant gewesen, den Preisdeckel für russisches Öl dauerhaft auf 45 US-Dollar pro Barrel abzusenken. Er gilt für den Verkauf von russischem Öl in Drittstaaten wie Indien, China oder die Türkei und wurde 2022 gemeinsam mit den USA und Japan, Kanada und Großbritannien eingeführt.
Um ihn durchzusetzen, werden Unternehmen Sanktionen angedroht, die am Transport von russischem Öl zu einem Preis oberhalb des Preisdeckels beteiligt sind. Diese Regelung zielt auf Reedereien ab, aber auch auf Unternehmen, die Versicherungen, technische Hilfe sowie Finanzierungs- und Vermittlungsdienste anbieten.
Lange Liste neuer Sanktionen
Neben den oben genannten Maßnahmen wurde nach dpa-Informationen zudem Folgendes vereinbart:
- Einführung eines Importverbots für raffinierte Produkte aus russischem Rohöl. Das sind etwa Kraftstoffe für Autos und Flugzeuge und Heizöl. Damit soll eine Gesetzeslücke geschlossen werden, die Russland bislang indirekte Exporte über Drittländer ermöglichte.
- Einführung eines Verbots von Finanztransaktionen mit Unternehmen aus Drittländern, die Öl-bezogene Sanktionen umgehen.
- Listung von mehr als 100 Schiffen, die Teil der sogenannten russischen Schattenflotte zur Umgehung von Energiesanktionen sind. Sie dürfen künftig nicht mehr in Häfen von EU-Staaten einlaufen und dürfen auch nicht mehr von europäischen Unternehmen versichert, finanziert oder ausgerüstet werden. Insgesamt sind damit künftig rund 450 Schiffe betroffen.
- Listung von zusätzlichen 22 Banken, die vom Finanzkommunikationssystem Swift abgekoppelt werden; dazu Ausweitung der Strafmaßnahme auf ein vollständiges Verbot von Transaktionen.
- Erstmals Verbot von Transaktionen mit zwei chinesischen Finanzinstituten, die EU-Sanktionen behindern; zudem Sanktionierung von mehreren chinesischen Unternehmen, die Russlands Angriffskrieg direkt unterstützen, sowie der größten Rosneft-Raffinerie in Indien.
- Einführung von weiteren Ausfuhrbeschränkungen; betroffen sind etwa Werkzeugmaschinen, die im militärisch-industriellen System verwendet werden können.
- Ausweitung der Liste mit sanktionierten Einzelpersonen, Unternehmen und Organisationen um mehr als 50 Einträge. Sie umfasst damit künftig mehr als 2.500 Einträge.
Wie hart treffen die Sanktionen Russland?
Die Wirksamkeit der Russland-Sanktionen bleibt unterdessen umstritten. Kritiker bezweifeln, dass sie einen großen Einfluss auf die Politik von Russlands Präsident Wladimir Putin haben. Befürworter hingegen verweisen darauf, dass die Strafmaßnahmen die russische Wirtschaft hart träfen und der Staat erhebliche Einnahmeausfälle zu verkraften habe. Demnach hätte Russland den Ukraine-Krieg ohne die Sanktionen möglicherweise schon lange mit einem Sieg beendet.
Der formale Ministerratsbeschluss für das neue Sanktionspaket sollte im Laufe des Tages erfolgen. Die Strafmaßnahmen würden dann wenig später in Kraft treten.

