Führerscheinbetrug: Angeklagter zu Haftstrafe verurteilt

Landgericht Kassel
© Swen Pförtner/dpa

Justiz

Kassel (dpa) - Weil er als Mitglied einer Bande illegal Führerscheine verkauft hat, ist ein ehemaliger Mitarbeiter der Fahrerlaubnisstelle der Stadt Kassel zu einer Haftstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. Das Landgericht Kassel sah es als erwiesen an, dass der heute 26-Jährige mehr als 100 Personen einen Führerschein ausgestellt hat, obwohl die Käufer keine Prüfung abgelegt hatten. Es sprach ihn wegen der Bestechlichkeit und der Falschbeurkundung im Amt in 109 Fällen schuldig.

Zwei Monate der Freiheitsstrafe gelten dem Vorsitzenden Richter zufolge aufgrund der langen Verfahrensdauer bereits als abgegolten. Er ordnete zudem die Einziehung des vom Angeklagten eingenommenen Geldbetrags sowie eine dreijährige Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis an. Der 26-Jährige verfügt nach eigenen Angaben über keinen Führerschein und hat sich auch keinen illegal ausgestellt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Angeklagter räumte Taten ein

Zuvor hatte der Angeklagte ein umfassendes Geständnis abgelegt. Er räumte ein, als Mitglied einer vierköpfigen Bande im Zeitraum von Februar 2018 bis Juni 2019 die Führerscheine unrechtmäßig ausgestellt zu haben. Er sei durch eine Art Freundschaftsleistung in die Sache hineingeraten. «Dann hat sich eine Art Abwärtsspirale entwickelt, wo ich dann irgendwann das Gefühl hatte, dass ich nicht mehr rauskam», erklärte er. 

Ein Bekannter habe ihn angesprochen, dass er als Mitarbeiter der Fahrerlaubnisstelle ja Führerscheine ausstellen könne. «Solche Sprüche hört man häufiger, wenn man bei einer Behörde arbeitet», sagte der 26-Jährige. Der Bekannte habe sich aber später mit ihm treffen wollen, um das Ganze ernsthaft zu besprechen.

Ersten Führerschein als Freundschaftsdienst ausgestellt

Eben jener Bekannte, der ebenfalls Mitglied der späteren Bande gewesen sein soll, habe dann den ersten Führerschein als Freundschaftsdienst erhalten. Über einen Pkw-Führerschein verfügte der Mann bereits. Der Angeklagte stellte ihm einen Motorradführerschein sowie später einen Anhängerführerschein aus. Bei einem Motorradunfall im Mai 2019 kam der Bekannte des Angeklagten ums Leben.

Die Staatsanwaltschaft hatte dem 26-Jährigen vorgeworfen, er habe sein illegales Geschäftsmodell gewinnbringend organisieren wollen. Dazu habe er weitere Personen integriert, die eine Art Vertriebsnetz aufgebaut, zahlungswillige Abnehmer akquiriert und zum Ausstellen des Führerscheins erforderliche Unterlagen der Kunden weitergeleitet hätten. Dazu sollen sie sich mit Wissen des Angeklagten teilweise wiederum Untervermittlern bedient haben.

Pro Führerschein soll die Bande zwischen 500 Euro und 5.000 Euro eingenommen haben. Die Einnahmen seien untereinander aufgeteilt worden. Der Angeklagte soll durch den Betrug 56.500 Euro erlangt haben.

Prozess gegen weiteres Bandenmitglied

Das Gericht, die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung hatten sich bereits im Vorfeld des Prozesses auf einen Strafrahmen verständigt, wie der Vorsitzende Richter ausführte. Bei einem Geständnis habe man sich auf vier bis fünfeinhalb Jahre Haft geeinigt. Die Staatsanwaltschaft hatte schließlich fünf Jahre und drei Monate gefordert, die Verteidigung eine Strafe im unteren Bereich dieses Rahmens.

Ein weiteres mutmaßliches Bandenmitglied steht derzeit wegen besonders schwerer Bestechung in 47 Fällen und Anstiftung zur Falschbeurkundung in 44 Fällen in einem gesonderten Verfahren vor dem Landgericht Kassel. Der 35-Jährige wird verdächtigt, einen Teil der Vertriebsorganisation aktiv betrieben zu haben. Ein weiterer Beschuldigter wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft bereits verurteilt.

© dpa-infocom, dpa:250820-930-932009/3

Weitere Meldungen