Solingen: Zweites Handy des Fronhof-Attentäters gefunden?

Am Dienstagabend gab es hinter der Flüchtlingsunterkunft an der Goerdeler Straße eine Durchsuchung - offenbar mit Erfolg.

© Thorsten Kabitz / Radio RSG

Nach dem dritten Prozesstag um den Messeranschlag im August 2024 auf dem Solinger Fronhof gab es noch einmal ungeahnte Dynamik in den Ermittlungen. Die Verteidiger des angeklagten und geständigen Issa Al H. hatten während der Verhandlung am Oberlandesgericht Düsseldorf erklärt, der Syrer wolle einen Bereich auf einer Karte markieren, in dem man das vermisste zweite Handy möglicherweise finden werde. Kurz darauf machten sich Einsatzkräfte der Polizei bereits auf den Weg nach Solingen. Ihr Ziel: Die Flüchtlingsunterkunft an der Goerdeler Straße, in der Issa Al H. zum Zeitpunkt des Anschlags lebte.

Der Hof hinter dem Gebäude wurde abgesperrt. Im Gebüsch zwischen Flüchtlingswohnheim, dem benachbarten Malteser-Grund, Amtsgericht und Haus der Jugend machten sich Kräfte der Einsatzhundertschaft auf die Suche, einige waren mit Schaufeln ausgestattet. Zu erkennen war wie Äste und Grün entfernt wurden, um den Bereich genauer durchkämmen zu können. Gegen 19 Uhr, rund zwei Stunden nach Beginn der Durchsuchungsaktion, waren dann plötzlich "Fund"-Rufe und Applaus zu hören. Wenig später zog der Großteil der Kräfte wieder ab. Kriminaltechniker untersuchten die Fundstelle.

Auskünfte darüber, ob tatsächlich das gesuchte Handy gefunden wurde, bekamen Reporter vor Ort nicht. Zuständig für den Einsatz ist die Generalbundesanwaltschaft. Deren Pressestelle war am Abend jedoch nicht mehr erreichbar. Rund zwei Wochen nach dem Anschlag hatte die Polizei in einem öffentlichen Fahndungsaufruf nach Hinweisen zu einem Samsung Galaxy S23 gefragt, das dem mutmaßlichen Täter gehört haben soll. Sollte es sich wirklich um das zweite Handy von Issa Al H. handeln, werden sich Digital-Forensiker der Kriminaltechnik jetzt an die Arbeit machen, um genau zu überprüfen, was auf dem Handy noch ausgelesen oder wiederhergestellt werden kann.

Der gesamte Ablauf wirft allerdings auch Fragen auf: Warum wurde das Handy erst jetzt, über neun Monate nach der Tat, und nicht schon früher gefunden? Schon in den Tagen nach dem Anschlag bzw. nach der Festnahme von Issa Al. H gab es umfangreiche Durchsuchungen rund um das Flüchtlingswohnheim an der Goerdeler Straße, an einem Parkhaus in der Nähe und in einem Waldstück nahe der Korkenziehertrasse. Warum hat Issa Al H. gerade heute den vermeintlichen Hinweis gegeben und nicht schon in den vorherigen Befragungen? Was versprechen sich seine Verteidiger möglicherweise davon, dass sie den Syrer zu der Aussage bewegt und die Ermittler auf die Spur gebracht haben?

Bei dem Messerattentat am 23. August 2024 auf dem "Festival der Vielfalt" in Solingen waren drei Menschen getötet und acht weitere teils schwer verletzt worden. Einige der Opfer haben heute (3. Juni) als Zeugen im Prozess vor dem Oberlandesgericht ausgesagt. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hatte den Anschlag für sich reklamiert. Zum Prozessauftakt vor einer Woche hatte der angeklagte Syrer die Messer-Tat gestanden, zum Tatvorwurf der IS-Mitgliedschaft aber geschwiegen. Am zweiten Prozesstag vorigen Mittwoch hatten Kriminal-Ermittler umfangreiches Beweismaterial sichergestellt, darunter auch Nachrichten und Chatverläufe aus dem (ersten) Handy von Issa Al H., die seinen Austausch mit Verbindungsleuten des IS belegen sollen. (tk)

Anfang September 2024 hatte die Polizei per öffentlicher Fahndung nach diesem Handy gesucht. © Radio RSG / Polizei NRW
Anfang September 2024 hatte die Polizei per öffentlicher Fahndung nach diesem Handy gesucht.
© Radio RSG / Polizei NRW

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